Residence Triesch – Eine farbenfrohe Herausforderung
News 09 | 21

Die Entwicklung des Colorboards eines Projektes bildet stets das Herzstück einer jeden architektonischen Arbeit. Im Falle der Triesch Residence war es jedoch eine besondere Herausforderung: Es ist eine Sache, das Colorboard für ein selbst entworfenes Haus zu kreieren – es jedoch für das erste und einzige Haus in Europa des wundervollen, visionären Architekten Ray Kappe kreieren zu dürfen, zählte zu den größten Herausforderungen, denen wir uns bisher beflügelt gestellt haben.

Unsere Zielsetzungen waren selbstverständlich zum einen, dem Erbe und dem Anspruch der Söhne von Herrn Ray Kappe und zum anderen gleichzeitig den Wünschen und Vorstellungen aller Mitglieder der Familie Triesch gerecht zu werden. So begannen wir mit dem Naheliegendsten: einer Bestandsaufnahme. Entsprechend unserer üblichen Vorgehensweise baten wir die Mitglieder der Familie Triesch aus einem Farbfächer ihre jeweiligen zwei Favoriten zu wählen (Abb. 1).


Abb. 1

Als nächstes beschäftigten wir uns intensiv mit den von Ray Kappe verwendeten Farben. Hier hatten wir großes Glück, da neben den publizierten Fotos Herr Triesch eine umfangreiche Fotobibliothek von seinen Reisen nach Amerika und Besuchen der Kappe-Häuser mitgebracht hat. Jedoch wollten wir bei den Farbwerten sichergehen. So organisierte Herr Triesch einen HKS-Farbscanner, der als kleine Überraschung seinen Weg über den Atlantik zu Finn Kappe fand, der mit Begeisterung sämtliche Farben der „Kappe Residence“ für uns aufnahm und archivierte. Eine zweite Grundlage war im Kontext mit den generell von Ray Kappe gewählten Farben seiner Werke gebildet (Abb. 2).


Abb. 2

Diese Grundlage führte uns zu unserem nächsten Schritt: dem Studium der Evolution von amerikanischen Farbpaletten. Wir wollten die möglichen Ursprünge der von Ray Kappe gewählten Farben kennen- und verstehen lernen. Hierbei eröffnete sich uns eine faszinierende Farbwelt, in der wir die Innenarchitektin Susan Higginson Nash kennenlernten, die im Rahmen der mit der finanziellen Unterstützung von John D. Rockefeller Jr. im April 1928 begonnenen Restaurierung der Stadt Williamsburg die erste denkmalpflegerische Farbbestandsaufnahme in Amerika durchführte. Ihre Methode wurde später „scratch and match“ genannt. Auch wenn ihre Ergebnisse durch spätere modernere Methoden überarbeitet wurden, bildete ihre Bestandsaufnahme die Basis der erstmalig kommerziell erhältlichen historischen Farbkollektion und damit die Basis aller darauffolgenden historischen, lizensierten Williamsburg-Farbpaletten.

John W. Masury Company produzierten in 1936 die ersten 16 Williamsburg Farben – die Palette wurde zeitnah auf 24 Farben erweitert und inkludierte ebenfalls Außenanstrichfarben.

Zeitgleich wurde von Ditzler Color Company eine Williamsburg-Farbkollektion mit 42 Farbtönen für die Automobilbranche herausgebracht. Nachdem unter anderem Martin-Senour bis 2013 eine Kollektion mit 184 Farben anbot, präsentierte Benjamin Moore 2016 „Die Williamsburg Color Collection“ mit 144 Farben.

Der Kreis schloss sich nach dem Studium der Frank Lloyd Wright-Farbkollektionen, die gleichzeitig den jüngsten Zuwachs der vielfältigen amerikanischen historischen Farbpaletten bilden.

„Go to the woods and fields for color schemes. Use the soft, warm, optimistic tones of earths and autumn leaves.“ Frank Lloyd Wright.

Frank Lloyd Wright vertrat unter anderem das Prinzip, dass ein Gebäude so erscheinen sollte, als ob es aus seiner Umgebung gleichsam herausgewachsen wäre – es sollte mit der Umgebung harmonisieren. Auch das Farbspektrum der umgebenden Natur sollte harmonisch zu den Materialien des Hauses passen – das Sonnenlicht, die Bäume, Steine und das Wasser bildeten die vorrangige Quelle der von ihm verwendeten Farben. Die Materialien wiederum sollten in ihrer Oberflächenstruktur und Farbe unverfälscht bleiben – Holz sollte aussehen wie Holz und Backsteine wie Backsteine.

Das 1935 von ihm erbaute Haus „Fallingwater“ spiegelt diese Prinzipien wider. Die im Außenbereich des Gebäudes verwendeten Materialien, wurden ebenfalls im Innenbereich nahtlos fortgeführt und kreieren eine neutrale Farbpalette von grau- und rosefarbenen Ockertönen. Im Innenbereich wählte er erdige warme Rot-, Gold-, Braun- und Grüngelbtöne. Das „Cherokee Red“ war sein persönlicher Favorit und er verwendete es ausschließlich für die Metall- und Eisenarbeiten in „Fallingwater“. Nach seiner Auffassung könnte diese Farbe am besten die Natur des Materials Stahl wiedergeben. In ähnlicher Weise wurden für die Fussböden verschiedene Farben im Einklang mit der Farbvarietät der natürlichen Steine der Umgebung gewählt. Die Farbpalette beinhaltet Weiß, Rohes Umbra, Gebranntes Umbra, Schwarz, Grau und Gelbbraun. Das übergreifende Thema spiegelt die Landschaft mit den Bäumen und Steinen der Umgebung wider.

Ein ähnliches Konzept verfolgte Wright bei der Farbwahl für sein Winterdomizil, das „Taliesin West“-Haus in der Wüste Arizonas. Auch hier reflektieren die gewählten Farben sowie die Baumaterialien, wie bspw. der Beton mit großen Zuschlagstoffen und der Stahl, die natürliche Umgebung. Um den Zugang zu den von Frank Lloyd Wright verwendeten Farben einem möglichst großen Publikum zu ermöglichen, offerierte die bereits erwähnte Gesellschaft „Martin-Senour Paints“ 1955 die „Taliesin West-Farbkollektion“. Hierfür wählte Wright 36 Farben aus deren damaligen Farbportfolio, die seiner Farbwahl für Taliesin-West am besten entsprach.

In Zusammenarbeit mit dem jetzigen Besitzer des Gebäudes „Fallingwater“, der privaten gemeinnützigen Organisation „Western Pennsylvania Conservancy“, und auf Basis einer gründlichen Farbanalyse, hat der Farbenhersteller „PPG Pittsburgh Paints Company“ 2007 die „Fallingwater-Farbkollektion” mit 13 Farbtönen auf den Markt gebracht.

2014 erwarb PGG ebenfalls die „Taliesin West-Farbkollektion“ von „Martin-Senour Paints“. In Zusammenarbeit mit der Frank Lloyd Wright Stiftung entstand die neue überarbeitet Version „The Original Taliesin Color Palette from 1955“.

Betrachtet man die Farben, die zu den Favoriten der Familie Triesch zählen, die bevorzugten Farben seitens Ray Kappe sowie die Farbkollektionen von Frank Lloyd Wright, kristallisiert sich fast unmerklich eine Schnittmenge heraus. Klar im Fokus stehen natürliche Farben der umgebenden Natur, aus denen es galt entsprechend der für das Haus gewählten Materialien harmonische Kandidaten zu sondieren.

Massgeblich war jedoch auch noch ein weiterer Aspekt: die Komplexität und Vielschichtigkeit der von Ray Kappe verwendeten Elemente des Hauses. Durch das Zusammenspiel der Betonpylone mit ihren Skylights, des zentralen Patios als horizontales und vertikales Bindeglied des Hauses, der Treppe und des Kamins im Erdgeschoss als vertikal verbindende Elemente sowie der sichtbaren raumbildenden Konstruktionselemente entsteht ein sich im Minutentakt änderndes Lichtszenario und Schattenspiel.

Zudem handelt es sich bei den verwendeten Materialien um jeweils starke Protagonisten:

  • Sandgestrahlter Beton für die aussteifenden Betonpylone
  • Douglasie für die Hauptträger und Fenster-/ Türflügel
  • Iroko für die Fensterrahmenelemente und umlaufenden Lichtbänder im Innenbereich
  • Redwood für die Wandverkleidungen
  • Roteiche für die Parkettböden und Treppe
  • Corian für die Innenwandteilbereichverkleidungen in den Brüstungseckbereichen
  • Rauriser für die Steinböden.

Jedes Material zeichnet sich durch seine individuelle Struktur und Farbigkeit aus, so dass es im Kontext mit dem Licht- und Schattenspiel ebenso galt, autarke, sich abgrenzende Farbtöne für die Möbel, Polster und Textilien zu wählen, die sich jedoch nicht in einen Wettstreit mit den Materialien begeben, sondern sich durch eine elegante Zurückhaltung auszeichnen und diese akzentuieren.

Aufgrund der Verbundenheit der ineinanderfließenden vertikalen und horizontalen Räume sowie der hierdurch ermöglichten Blickbezüge, Einblicke und Ausblicke bezieht unser Farbkonzept als übergeordnetes Gestaltungsmittel sämtliche Räume ein. Jedes Element passt zueinander und kann auch raumübergreifend im gesamten Haus seinen Platz finden.

So wählten wir für die Triesch Residence folgende Protagonisten aus dem Repertoire der ältesten Farben der Erde – aus diesen Farben können sämtliche Kombinationen hergestellt werden, wobei das Kreideweiss als Basisfarbe fungiert (Abb. 3):

  • Mennige
  • Chrysokoll
  • Lapislazuli
  • Bleizinngelb (Giallolino)
  • Ocker
  • Kreideweiss
  • Lampenschwarz und
  • Ägyptischblau.


Abb. 3

Das Fresko “Der Triumph der Galatea” von Raphael, Villa Farnesina, Rom, Italien (Abb. 4), kombiniert diese in wundervoller Weise.


Abb. 4

RESIDENCE TRIESCH – EINE FARBENFROHE HERAUSFORDERUNG – A Colorful Challenge
Original Text In German by Elena Brasioli, quattro | architectura/ English Translation By Nicholas Hartkopf
News 09 | 21

The development of a color board is always a project at the heart of every architectural work.

In the case of the Triesch Residence, however, it was a special Challenge:

It is one thing to create a color board for a self-designed home – but truly something else for the first and only house in Europe designed by the wonderful, visionary architect Ray Kappe.

Being able to create the color palette for this particular residence was one of the greatest challenges we had ever faced. Our objectives were of course on the one hand, to respect the legacy of the late Ray Kappe and the Inherited legacy which his sons carry forward, while simultaneously, on the other hand, the wishes of all members of the Triesch family.

So, we started with the most obvious: an inventory. According to our usual approach, we asked all members of the Triesch family to select two favorites from a color fan (Fig. 1).


Fig. 1

Next, we looked closely at the colors used by Ray Kappe. We were very lucky here, because in addition to the published photos, Mr. Triesch had an extensive photo library from his travels to America and visits to built Kappe houses. Still, we wanted to be sure with the color values extrapolated from these personal and press photos. So, Mr. Triesch organized an HKS color scanner that, as a little surprise, made its way across the Atlantic and found itself in the hands of Finn Kappe, who enthusiastically recorded and archived all the colors used in the Kappe residence.

And so, a second basis from which to approach the color board was created, in the context of the general colors chosen by Ray Kappe and used in his built works (Fig. 2).


Fig. 2

This foundation led us to our next step: studying the evolution of American color palettes. We wanted to get to know the possible origins of Ray's Kappe color choices. Here we exposed ourselves to the fascinating color world, in which we came across interior designer Susan Higginson Nash.

With the financial support of John D. Rockefeller Jr. in April 1928, and the advent of the restoration of the city of Williamsburg, Susan Higginson Nash began the first paint inventory in America. Her method would later be called "scratch and match".

Even though the results of her studies and her methods were Later revised, and more modern methods found, their inventory formed the basis of the historical color collection commercially available for the first time and thus the basis of all subsequent historical, licensed Williamsburg Color palettes.

In 1936 The John W. Masury Company produced the first 16 Williamsburg colors – the palette was promptly expanded to 24 colors and also included Exterior paints.

At the same time, Ditzler Color Company created and released a Williamsburg color collection with 42 shades for the automotive industry. After, among others, Martin-Senour Paints would offer a Williamsburg collection with 184 colors up until 2013 (Fig. 4), and as recently as 2017 Benjamin Moore presented “The Williamsburg Color Collection” with 144 colors.

We came full circle after studying the Frank Lloyd Wright color collections, which is also the most recent addition to the diverse American Historical Form color palettes.

„Go to the woods and fields for color schemes. Use the soft, warm, optimistic tones of earths and autumn leaves.“ Frank Lloyd Wright.

Frank Lloyd Wright advocated, among others, the principle that a building should appear as though it had grown out of its surroundings - it should harmonize with the environment.

And vice versa, the color spectrum of the surrounding nature should harmoniously match the materials of the house – Sunlight, the trees, stones and water formed the primary source of the colors used by Wright. The materials, their surface structure and color, should in turn remain unadulterated – wood should look like wood and bricks like bricks.

Fallingwater, designed by Frank Lloyd Wright in 1935, reflects these principles. The materials used outside the building were also used in the Interior and continued seamlessly throughout, to create a neutral color palette of gray and pink ocher tones.

In the interior he chose earthy warm red, gold, brown and green-yellow tones. "Cherokee Red" was his personal favorite and was used exclusively for the metal and iron work on the "Fallingwater" project. In his opinion, this color could best reflect the nature of the material steel, while protecting it from the elements. Similarly, different colors were used for the floors and chosen in accordance with the color variety found in the natural stones of the area. The Color palette includes white, raw umber, burnt umber, black, gray, and Yellow-brown. The overarching theme reflects the landscape with its native trees and stones.

Wright followed a similar concept when choosing the color for his winter home, Taliesin West in the Arizona desert. Here too, the chosen Colors as well as the building materials, such as the concrete with its large aggregates and the steel, reflect the natural environment. To make it possible for the general public to access colors Frank Lloyd Wright used in his many projects, the aforementioned company “Martin-Senour Paints” decided to offer the “Taliesin West color collection” in 1955. For this collection Wright personally chose 36 colors from their existing Color portfolio which best reflected colors used at Taliesin-West.

In collaboration with the private nonprofit organization; Western Pennsylvania Conservancy, to whom Edgar j. Kaufmann Jr. donated the Fallingwater property and house, a thorough color analysis was done and a color collection consisting of 13 shades was brought to market. And as recently as 2007, Paint manufacturer PPG Paints (Pittsburgh Paints Company) would release “the Fallingwater color collection”.

In 2014, PGG also acquired the "Taliesin West- Color Collection” from Martin-Senour Paints, and In cooperation with the Frank Lloyd Wright Foundation created a new and revised version “The Original Taliesin Color Palette from 1955“.

Upon inspection of the colors that were among the favorites of the Triesch family, the preferred colors of Ray Kappe, and the color collections of Frank Lloyd Wright, an overlap emerges almost imperceptibly. A clear focus on natural colors from each project’s surroundings, which when applied accordingly with the materials chosen for the house, explore harmony.

However, another aspect was also decisive: the complexity and many layers of Ray Kappe’s design in the Triesch Residence. the Interplay of the concrete pylons with their skylights, the central patio as horizontal and vertical link of the house, the stairs and the fireplace on the Ground floor as vertical connecting elements, as well as the visible space-forming Construction details which create a lighting scenario that changes every minute with light and shadow.

In addition, and by no means less important, the materials used are each strong Protagonists:

  • Sandblasted concrete for the stiffening concrete pylons
  • Douglas fir for the main beams and window / door leaves
  • Iroko for the window frame elements and surrounding light strips in the Indoor
  • Redwood for the wall cladding
  • Red oak for the parquet floors and stairs
  • Corian for the interior wall sections cladding in the Parapet corner areas
  • Rauriser for the stone floors.

Each material is characterized by its individual structure and color, but in the context of the play of light and shadow. While equally important to be self-sufficient and selecting demarcating shades for the furniture, upholstery, and textiles that stand out, would be an option, it was important to not enter into a competition with the building materials. But rather accomplish an outcome characterized and accentuated by elegant restraint.

Because of the connectedness of the flowing vertical and horizontal lines, Rooms, as well as the visual references, insights and outlooks made possible by them, our color concept applies to all rooms as a superordinate design element. Each element fits together, and so, colors can also be used across rooms throughout the House.

For the Triesch Residence we chose the following protagonists from the repertoire of the oldest colors on earth – all combinations can be made from these colors, with the chalk white acting as the basic color (Fig. 3):


Fig. 3

  • Red lead
  • Chrysocolla
  • Lapis lazuli
  • Lead tin yellow (Giallolino)
  • ocher
  • Chalk white
  • Lamp black and
  • Egyptian blue

The fresco “The Triumph of Galatea” by Raphael, Villa Farnesina, Rome, Italy (Fig. 4) combines these in a wonderful way.


Fig. 4

Foto:
© Cool Hand Creative - stock.adobe.com
© Triumph of Galatea, 1512 - public domain

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